2) Nachwort zum Nachlass

Ein Nachwort, das eigentlich ein Vorwort ist, indem es von etwas spricht, das gewissermaßen geschehen sein muss, bevor mir der Gedanke kam, eine Geschichte um meine Mutter zu schreiben. „Bevor“ trifft natürlich haarscharf daneben, aber es ist immer noch richtiger als „nachdem“, das nur für eine sehr äußerliche Chronologie tauglich ist: Einen Tag, nachdem ich die Erzählung „Nachlass“ in meinem Blog veröffentlicht hatte, ist meine Tante Elisabeth gestorben. Sie ist die Zweitgeborene der vier Mädchen, von denen in der Geschichte die Rede ist, bei der ich als Kind oft die Schulferien verbrachte und die mich auch ohne Führerschein ihren Opel Kadett über den Feldweg fahren ließ – ein überwältigendes Erlebnis.

Jetzt ist sie ohne Vorankündigung innerhalb eines Tages gestorben, friedlich in ihrem Seniorenheim-Zimmer in eben jenem Dorf, das ich beschrieben habe.

Sie ist im Besitz einiger Weinberge gewesen, die sie nach und nach alle verkauft hat bis auf einen, nämlich den, den sie aus ihrem Fenster hinaus direkt hat sehen können. Ein kleines Häuschen steht darauf, von dem sie immer mit warmer Stimme erzählt hat, wer weiß, was Schönes sie dort erlebt hat.

An ihrem Sterbetag ist der Himmel wolkenlos und sie schaut einen ganzen Tag lang von ihrem Bett aus auf ihren Weinberg. Als abends die Sonne die Felder berührt, geht sie mit ihr mit.

Ich will nichts hineindeuteln in diese Vorgänge. Nur eines ist für mich unzweifelhaft: Wahre Kommunikation ist nicht an die Zeit gebunden, kein ‚vor’ und kein ‚nach’ werden ihr irgendwie gerecht. Und ihr Kanal ist die Liebe selbst.

Leb’ wohl!

( 07.09.2012 )

 

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